30.03.96
Ute Hoffmann:
Seminar: Interaktionsraum Internet - Leben und Arbeiten in der Netzwelt
Anliegen der Arbeit ist ein Vergleich von Homepages im Internet. Homepages
sind im vieldiskutierten und in der Mediendebatte omnipräsenten Internet
die Visitenkarten von Nutzern. Sie können im World Wide Web sowohl
Firmen als auch Privatpersonen vorstellen. Es gibt verschiedene Anbieter
von Internetzugängen, die, wie im Falle von Compuserve oder T-Online,
einen kommerziellen Charakter haben, oder die in öffentlichen Einrichtungen
wie Universitäten einen freien Zugang zum Internet ermöglichen.
Die Arbeit will die eventuellen Unterschiede aufspüren, die einerseits
aufgrund soziodemographischer Unterschiede der Nutzer auftauchen und andererseits
im ökonomisch unterschiedlichen Status des Anbieters zu suchen sind.
Das Sample ist eine Zufallsauswahl. Da es mittlerweile unzählige deutschsprachige
Homepages gibt, erscheint diese Eingrenzung zweckmäßig. Weiter
kann davon ausgegangen werden, daß das Internet noch immer ein männlich
dominiertes Medium ist. Desweiteren bleibt jede weiter Klassifizierung
schwierig, da sich die Nutzer-Struktur des Internets und somit auch die
Zusammensetzung der "Anbieter" von Homepages fast von Tag zu
Tag ändert. So ist es unmöglich einen repräsentativen Querschnitt
von privaten Homepages zu erstellen oder gar umfassend zu untersuchen.
Hier könnte eine weiterführende Arbeit vielleicht Unterschiede
zwischen einzelnen Ländern aufspüren und Zusammenhänge wie
z.B. Integration von Internet in die pädagogische Arbeit an Schulen,
"Alltäglichkeit" von Computern in der Lebenswelt mit der
wachsenden Beteiligung auch von weiblichen Netusers aufzeigen. In den folgenden
Abschnitten sollen jedoch die Unterschiede persönlicher Homepages
vorgestellt werden mit dem Versuch, bestimmte Regelmäßigkeiten
und Unterschiede aufzudecken, die im sozialen und kulturellen Umfeld der
Nutzer zu verorten sind.
Zuvor soll aber noch kurz auf das "Phänomen Homepage" selbst
eingegangen werden.
Wie oben erwähnt, kann eine Homepage als Visitenkarte im WWW(World
Wide Web) verstanden werden. Allerdings kann sich hinter einer Homepage
noch viel mehr verbergen. So ist der Begriff Hompage auch nicht immer eindeutig,
da einerseits ausschließlich die einzelne Startseite, andererseits
aber auch die gesamte kleine Präsentation inklusive Verzeichnisstruktur
gemeint sein kann.
Auch stellt sich die Frage, wer überhaupt gewillt ist, sich - der
technischen Möglichkeit entsprechend - weltweit zu präsentieren.
Hierzu ist in Laura Lemay's Buch über Web-Publishing z. B. folgende
Frage und Antwort zu lesen:
"Frage: Ich weiß nicht, ob sich irgendjemand für
meine Hobbies, meinen Job oder ein Foto von meinem Hund interessiert. Sind
persönliche Homepages nicht eine Form von Narzißmus?
Antwort: Natürlich. Dazu sind sie ja da. Hier haben Sie die
Möglichkeit, jedem mitzuteilen, wie toll Sie sind, ohne denjenigen
wirklich zu langweilen. Wenn sich jemand langweilt, dann kann er ja etwas
anderes im Web erkunden. Es kostet ja nichts.
Sie können Ihre persönlichen Homepages aber auch für andere
Dinge als die langweiligen Details Ihres täglichen Lebens nutzen.
Sagen Sie Ihre Meinung! Sind Sie ein heimlicher Autor oder Künstler?
Das Web bietet eine ultimative Methode, Ihre Werke selbst zu veröffentlichen.
Es ist billig, braucht keine Werbung, und Sie erhalten ein unmittelbares
Feedback von Ihren Lesern. Das Medium ist alles, wozu Sie es machen. Hier
können Sie kreativ sein, unterhalten oder einfach nur Ihre Meinung
kundtun. Sie können alles sagen, was Sie wollen, und Sie müssen
nicht beweisen, daß Sie besser, lauter oder mehr im Recht sind als
andere. Wo sonst ist das schon möglich? Oder wo können Sie das
sonst noch, ohne daß man Sie anstarrt oder einsperrt?
Das Zusammenstellen einer persönlichen Homepage macht Spaß.
Und das ist einer der wichtigsten Gründe, warum Sie im Web etwas veröffentlichen
sollten." (Lemay 1996b)
In diesem Abschnitt werden persönliche Homepages verglichen, deren
Nutzer dahingehend unterschieden werden, ob sie ihren Internetzugang von
einem kommerziellen oder einem nicht-kommerziellen Anbieter erhalten. Untersucht
werden die ästhetisch-gestalterischen Komponenten sowie die Anzahl
und Charakteristika der Links, also Querverbindungen, zu anderen Homepages
oder Webseiten.
Folgende Fragestellungen sollen dabei beachtet werden: Welche Schwerpunkte
werden auf den persönlichen Homepages bei der Vorstellung der eigenen
Person gesetzt? (Foto, Lebenslauf, bestimmte Kategorien wie Karriere, berufliche
Stellung oder Hobbies) Wie wird mit dem Einsatz von graphischen Elementen
wie Farbe oder Schriftzeichen umgegangen? Wohin führen die Links?
(zur berufsbezogenen Institution wie Firma oder Universität, weiterführende
Hinweise auf die Freizeit-oder Konsumpräferenzen wie z.B. Homepages
von Interessenvereinigungen, Medien, Informationsseiten von Politik, Wirtschaft,
Kultur oder Wissenschaft).
Als nichtkommerzielle Anbieter werden hier nur Hochschulen aufgefaßt,
da hierzulande andere Institutionen, wie Verwaltung und Regierung, das
Internet gerade erst entdeckt zu haben scheinen. Die kommerziellen Anbieter
unterscheiden sich zwischen Online-Diensten mit zusätzlichem Internet-Service
und solchen Unternehmen, welche als Dienstleistung sogenannte Internetpräsenzen
anbieten.
Die größten nichtkommerziellen Anbieter - wenn die Institionen
hier so bezeichnet werden können - sind die Universitäten. Zumindest
für die Bundesrepublik läßt sich das so sagen. Obwohl auch
Schulen mehr und mehr im Web präsent sind sollen sie an dieser Stelle
nicht behandelt werden. Haben doch dort nur die Web-Adminisratoren die
Möglichkeit private Homepages "in's Netz zu stellen".
Als Sample für Universitäten beschränke ich mich hier auf
die Humboldt-Uni.
Diese Auswahl stellt nur eine grobe Eingrenzung der gesichteten Homepages
dar. Auf die aussagekräftige Homepage an einer anderen Uni oder Schule
wird selbstverständlich hingewiesen.
Hier sollen jetzt aber die Links zu den Samples aufgelistet werden, so
daß bei Interesse einige Homepages gesichtet werden können:
Hinsichtlich der Vielfalt und Verschiedenheit sind die Homepages der Humboldt-Uni Angehörigen sicherlich auch für andere Hochschulen repräsentativ. Von den allerersten Versuchen mit HTML(HyperText Markup Language) und dem WWW bis zu ausgereiften und wohlstrukturierten Präsentationen reichen die von den Studenten bzw. Angehörigen der Uni abgelegten Web-Dokumente.
Auf den Servern der Hochschulen finden sich häufig Web- Seiten,
welche vor mehreren Jahren schon erstellt wurden, als es den WWW-Browser
"Netscape Navigator" noch nicht einmal gab. Web-Dokumente waren
vor allem oder sogar ausschliesslich reine Textdokumente. Sicherlich haben
sich die Autoren mit den neuen Möglichkeiten auseinander gesetzt,
sahen aber keinen Notwendigkeit die Dokumente zu ändern oder fehlte
es ihnen schlicht an der Zeit dazu. Aber auch mit Web-Seiten jüngeren
Datums ist die Publikation von Informationen oder Meinungen hauptsächlich
textbasiert. Dies einerseits weil die Schrift das Medium der Wissenschaft
ist oder vielleicht auch nur aus Gewöhnung.
So ist es z. B. nicht immer einfach eine private Homepage eines über
30 jährigen Naturwissenschaftlers zu finden, welche einen farbigen
Hintergrund hat. Passfotos auf der Homepage dienen nicht der Selbstdarstellung
sondern sie sind oftmals Bestandteil eines sog. Styleguides eines Institutes.
Weiter sind Bilder oder Grafiken allenfalls als Zeichnungen vorhanden.
Allerdings werden mehr und mehr kleine aussagekräftige sog. Icons
(Brief für e-mail Adresse, Karteikasten für Index etc.) verwendet.
Es gilt als guter Stil, solche Icons so zu verwenden, daß bei der
Übertragung wenig Netz- Kapzität in Anspruch genommen wird.
Die Selbstpäsentation geschieht normalerweise durch einen kurzen Lebenslauf,
d. h. akademischer Werdegang, oder ein Verweis dorthin. Ebenso beinhaltet
sie Hinweise auf wissenschaftliche Arbeiten und aktuelle Projekte. Die
e-mail Adresse ist zur schnellen Kontaktaufnahme gut und schnell zu erkennen.
Genau wird darauf geachtet, daß alle Seiten auch in rein Textbasierten
Browsern ihren Informationsgehalt nach Möglichkeit beibehalten.
Bei den nicht-naturwissenschaftlichen Fachbereichen, in welchen das "Medium"
WWW erst seit kurzem entdeckt worden ist gelten o. g. Aussagen nur sehr
eingeschränkt. So ist auffällig, dass die Homepage Autoren ihre
Seiten nur für neuere Browser konzipieren. Oftmals ist die Existenz
rein Textbasierter Browser (wie z. B. Lynx) gänzlich unbekannt. Dies
gilt aber auch für die Studenten der naturwissenschaftlichen Fachbereiche,
welche erst wenige Semester studieren und so mit "Mosaic" oder
eben "Netscape" als Web-Browser "groß geworden"
sind.
Weiter bleibt offen, ob jeder Lehrende oder Mitarbeiter der Universität
"seine" Homepage auch selbst "geschrieben" hat oder
ob die Erstellung eine Dienstleistung für das Institut war.
Eine Beurteilung der der einzelnen Pages lediglich unter dem Gesichtspunkt
Univerität als Anbieter des Internetzzugangs zeigt sich als schwierig,
da die Univerität jetzt prinzipiell jedem Angehörigen die Möglichkeit
der eigenen Homepage einräumt. So unterschiedlich wie die einzelnen
Fachrichtungen bzw. Studiengänge sind nun die einzeln Studenten und
ihre Homepages. Als markantester Unterschied der Netz-User an der Uni kann
der Frauenanteil festgehalten werden. Dieser ist zwar klein, doch im Vergleich
zum gesamten Netz dürfte er deutlich über dem Durchschnitt liegen.
Interessant ist hier noch der unterschiedliche Umgang mit der eigenen "realweltlichen"
Adresse bzw. Telefonnummer. Die Lehrenden und Mitarbeiter veröffentlichen
ihre Erreichbarkeit an der Uni bzw. am Institut als Informationsangebot
für die Studierenden. Die Veröffentlichung der Privat-Anschrift
bzw. Telefonnummer wird auf den meisten Homepages unterlassen. Auch viele
Studenten unterlassen dies, wollen sie ebenso nicht einfach so von jedem
"Web-Surfer" angerufen oder besucht werden. Wenn jemand Kontakt
aufnehmen will, kann dies problemlos mit einer e-mail Nachricht geschehn.
Doch auf manchen Seiten sind private Telefonnummern und Postadressen sogar
mit dem Aufruf zur Kontaktaufnahme zu lesen.
Beispiele von Homepages mit "realweltlichen" Privat-Adressen:
Die Homepages auf dem "ourworld"-Server von Compuserve zeichnen sich durch viele und knallige Farben aus. Nicht nur die Hintergründe auch normaler Text sowie die Hyperlinks entsprechen meistens nicht den standardisierten Vorgaben des zum Sichten benutzten Browsers(Netscape 2.0). Die Texte sind nicht nur auffällig oft in großen und farbigen Fonts, sondern auch ebenso auffällig oft mittig zentriert dargestellt. Auf den Seiten befinden sich wenige relevante Links. Es gibt Verweise zu weiteren Fotos, Tagesabläufen und den Homepages von Bekannten oder Verwandten, welche meist ähnlich aussehen und oft vom selben Autor stammen.
Diese Auffälligkeiten sind leicht erklärbar: Das verwendete
Tool zum erstellen der Homepages verewigt sich mit Kommentarzeilen im sog.
Source-Code(die Datei welche über's Netz übertragen wird, und
ausschließlich aus ASCII-Zeichen besteht). Viele Homepages der Compuserve
Nutzer sind mit Hilfe des "Compuserve-Homepage-Wizard" erstellt
worden. Der Homepage-Wizard ist ein frei erhältliches Windows-Programm,
welches die Homepage- Erstellung automatisiert und somit sehr vereinfacht.
Der Vorteil ist, daß der Nutzer nicht die geringste Ahnung von HTML
haben muß. Er wird in einem "Dialog" nach den einzubindenden
Hintergründen, Texten, Links, Horizontal- Linien, Bildern und Farben
gefragt. Entsprechend diesen Eingaben wird dann vom Programm der HTML-Code
generiert, welcher dann auch automatisch über's Netz auf den Server
von Compuserve kopiert werden kann.
Der Homepage-Wizard erstellt eine Homepage so schnell und so bunt, daß
manchmal nicht lange über den Inhalt der Seite nachgedacht wird. Der
Nutzer probiert ob's funktioniert. Der unbestreitbare Vorteil des Homepage-Wizard
besteht darin, daß er schnell ein "Erfolgserlebnis Internetpräsenz"
vermittelt, und somit einen Einstieg zur Auseinandersetzung mit HTML anregen
kann. Dies scheint aber wenig der Fall zu sein, zumindest sind bei wenigen
mit dem Homepage-Wizard erstellten Seiten nachträgliche, mit anderen
Texteditoren durchgeführte, Veränderungen erkennbar. Der Homepage-Wizard
selbst läßt spätere Änderungen kaum zu.
Mittlerweile bietet Compuserve aber auch weit mehr Unterstützung
beim Homepage-Entwurf.
Schon seit Beginn des Jahres 1996 bietet der Online-Dienstleister "
Schlund + Partner"
für Privatpersonen, aber auch gemeinnützigen Institutionen, kostenlos
Plattenkapazität auf ihrem WWW-Server an. Da die Firma für diese
Möglichkeit lediglich auf ihren eigenen Web-Seiten wirbt, haben die
Nutzer schon durch einen anderen Dienstanbieter Zugang zum WWW und sind
so mit dem WWW und HTML-Dokumenen schon mehr oder weniger vertraut. Schon
deshalb, weil den Nutzer klar sein muß, daß es sich bei Homepages
um nichts weiter als um (ASCII)-Dateien handelt, welche vom Browser gelesen
werden. Nur so können sie nachvollziehen, daß die Dateien per
e-mail zu Schlund + Partner geschickt werden können, wie es die Firma
in seinen Nutzungsbedingungen beschreibt.
Die kostenlose Überlassung von Serverkapazität "einfach
so" (vgl. Antwort-Mail 20) und das
nicht-automatische uploaden der Dateien erhöht die Hemmschwelle irgend
ein Inhaltsloses Web- Dokument (hier entsteht Hanno's Homepage. Wie das
geht muss ich noch lernen.) zu platzieren. So sind hier auch Pages von
Menschen zu finden, welche sich neben ihrer normalen Berufstätigkeit
hinaus mit den Möglichkeiten des Internets beschäftigen.
Bei dieser Liste privater Homepages wird die Geschlechterdifferenz besonders krass deutlich.
Erst seit dem 1. September 1996 bietet jetzt auch die Telekom AG ihren T-Online-Nutzern die Möglichkeit Homepages im WWW anzubieten. Zur Zeit können über die Homepages auf diesem Server noch keine allgemeine Aussagen gemacht werden, weil T-Online noch keinen Index über alle vorhandenen Homepages anbietet.
Die erste Übersicht jedoch zeigt, daß sich die T-Online Nutzer
zwar nicht ausgiebig, aber doch ein wenig mit HTML auseinander setzen.
Auch zeigen die T-Online Homepages, daß sich der Ersteller mindestens
ein wenig über den Inhalt ihrer Seite Gedanken gemacht hat. Vielleicht
liegt das auch an den "Tips
und Tricks", die T-Online seinen Nutzern empfiehlt.
Auffallend ist wie spät die Deutsche Telekom erkannt hat, daß
sich die Bereitstellung von Serverkapzität gerade für den z.
Z. noch konkurenzlosen Fernmeldekonzern lohnen muß, sind die t-online
user lediglich per Fernmeldeleitungen mit dem Internet verbunden.
Aber auch Erhöhung des Datenverkehrs auf allen erdenklichen anderen
Leitungen bedeutet für die Telekom AG Umsatzzuwachs.
Der Vollständigkeit halber soll noch der berliner Provider InterActive Networx (snafu) aufgeführt werden. Wie kein anderer Provider bietet snafu eine räumlich zentrierte Gruppe von Usern, was an der nach wie vor besonderen "Insel-Lage" Berlins liegt. So nennt sich der Provider auch: "InterActive Networx GmbH - Ihr Internet Provider für Berlin und Brandenburg". Nicht von der Hand zu weisen sind die Intressen der Provider die Zahl der sog. "Net-Surfer" zu erhöhen. Je mehr "Empfänger" es gibt, desto plausibler die Notwendigkeit für Firmen und Unternehmen sich im Web zu präsentieren. Entweder tun die Firmen dies Selbst oder wird diese Arbeit von einem Provider übernommen.
Das besondere an diesem Provider ist die sog. Service-Orientierung. Mit dem Netzzugang erwirbt der Kunde einen kostenlosen Hotline-Support. snafu ist ein Projekt, um viele Menschen an's Netz zu bringen.
Wie schon mehrfach erwähnt sind Frauen im Netz eindeutig unterrepräsentiert. Es kann behauptet werden, je mehr der (Personal-) Computer als alltäglicher Gebrauchsgegenstand in den Haushalten bzw. in der Arbeitswelt anzutreffen ist, desto geringer werden geschlechtsspezifischen Unterschiede des Gebrauchens entsprechender Technik. Da Deutschland in den Statistiken im unteren Drittel der Industrienationen zu finden ist, wundert es nicht, daß es hierzulande so wenige Homepages von Frauen gibt. Es erübrigt sich also an dieser Stelle von Unterschieden zu sprechen, vielmehr bleibt die Besonderheiten von Frauen-Homepages darzustellen.
Eine der Besonderheiten mag mit dem geringen Frauenanteil im Netz zusammen
hängen; das Gegenteil kann erst belegt werden, wenn sich die Verhältnisse
geändert haben. Die Frauen im Netz scheinen sich viel eher zu kennen
und legen Links zu den Seiten ihrer "Netz-Freundinnen". Von einer
Clique kann nicht unbedingt die Rede sein, doch es gibt die Aussage, (s.
Antwort-Mail 21) daß Frauen viel
eher Netzwerke bilden und sich organisieren. Dies kann einerseits daran
liegen, daß Frauen noch immer mit mehr sozialer Kompetenz sozialisiert
werden, andererseits - oder vielleicht auch beides - ist der Grund das
bilden einer Minderheit.
Viele der gesichteten Pages von Frauen sind ein tatsächlicher Index
mit verschiedenen Verzweigungen, worunter der Link zur Selbstvorstellung,
zum Lebenslauf oder auch zum Foto nur einer von mehreren ist. Auf einigen
dieser Web-Sites werden richtige "mit-mach-Möglichkeiten"
angeboten. So wird z. B. zum Einschicken von eigenen Kurzgeschichten aufgefordert,
welche dann auf der Web-Site veröffentlicht werden. Eine andere Web-Autorin
bittet um Benachrichtigung, falls auf ihre Seite verwiesen wird. Sie werde
dann wiederum - mit einem individuellen Kommentar versehen - auf die referierende
Seite zurück verweisen. Auf einer weiteren Seite war ein Link zu einem
"Guest-Book" - Dienst integriert. Ein Gästebuch wird auf
Web-Seiten relativ aufwendig realisiert, muss doch die Eintragung von einem
Programm auf der Server-Seite "entgegen genommen" werden (CGI,
Common Gateway Interface). Ohne sich aber um die Steuerung oder Programmierung
der Interaktivität einer Web-Seite zu bemühen, wird die Möglichkeit
der Interaktivität des Webs durch in Anspruchnahme des Dienstes doch
genutzt. Es bleibt hier zu vermuten, daß Männer eher an der
Funktionsweise eines o. g. GCI interessiert sind als in der erschöpfenden
Anwendung dieser Interaktionstechniken:"Technik ist niemals neutral.
Sie gießt immer eine bestimmte Vorstellung vom Leben in eine Form.
Diese Vorstellung ist das Resultat eines technokratischen Weltbildes. Die
meisten Programme werden von 20- bis 35jährigen männlichen weißen
Amerikanern geschrieben. Wahrscheinlich sähe die Technik heute ganz
anders aus, wenn sie von aktiven, lebenslustigen Frauen entworfen worden
wäre." (Tangens 1996)
Dies alles würde bedeuten, daß die Möglichkeit des Webs
zu Publizieren und zu Interagieren von Frauen viel deutlicher wahrgenommen
wird. Somit kann die These aufgestellt werden, daß Frauen bessere,
d. h. interaktivere Web-Anwendungen entwerfen können, wenn sie sich
die notwendigen Programmiertechniken (HTML, Java) angeeignet haben. Aber
genau dieses wiederum erfordert über längere Zeit die (typisch
männliche) Beschäftigung mit der bloßen Funktionsweise
ohne grössere praktische Anwendung.
An dieser Stelle würde eine Geschichte der privaten Homepage ein
höchst aussagekräftiger Einschub darstellen, doch ist mit ersten
detaillierten Darstellungen erst in einiger Zeit zu rechnen. Ziel dieser
Arbeit ist der unvollständige Versuch den Momentanzustand zu beschreiben.
Genau so wie das Web männlich dominiert ist, sind die meisten Internet
Benutzer in der Bundesrepublik Deutschland Jugendliche oder junge Erwachsene.
Die Gründe mögen teilweise die selben wie bei der Geschlechterverteilung
sein, sollen hier aber nicht vollständig analysiert werden.
Vielmehr soll herausgestellt werden, warum gerade für junge Menschen
die eigene Homepage so interessant und faszinierend sein kann. Dabei wurde
selbstverständlich nicht übersehen, daß viele Homepage
Autoren älter als 30 sind. Dies bedeudet, daß die Möglichkeiten
des Webs mehr und mehr von allen Altersschichten entdeckt werden, allerdings
- dies gilt für die breite Bevölkerung - hauptsächlich im
Kielwasser der "jungen Generation".
Wenn oben von der "breiten Bevölkerung" die Rede ist,
soll erklärt werden, wie sich die Nutzerkreise immer weiter ausgebreitet
haben. Die folgenden Aussagen gelten nicht speziell für das Web sondern
für jegliche Netz- oder auch nur Computernutzung. Sie gelten doch
aber seit der Einführung des Internet-Dienstes http(hypertext transfer
protocol; technische Spezifikation zur Übertragung von Web-Seiten)
sicherlich auch hierfür: "Die ursprüngliche ARPANET- Gemeinschaft
umfaßte 1996 ungefähr tausend Menschen. Nur wenig mehr als zwanzig
Jahre später wird die Internet-Bevölkerung auf fünf bis
zehn Milionen geschätzt. ... In den frühen achziger Jahren überstiegen
die bürokratischen und finanziellen Anforderungen des ARPANET die
Möglichkeiten von ARPA (Advanced Research Projects Agency). Das Netz
war zur intellektuellen Ressource geworden, zu der Geistes- und Naturwissenschaftler
drängten, auch wenn ihr Forschungsgebiet nichts mit mit der Entwicklung
von Waffen zu tun hatte. CMC (Computer Mediated Communication) schlug denselben
Weg der Verbreitung ein, dem auch die Computertechnologie zehn oder zwanzig
Jahre zuvor gefolgt war: Zunächst im Rahmen der Rüstungsforschung
entwickelt, erweisen sich Computer und Netze als nützlich und wurden
für einen sich ausweitenden Kreis von Anwendern erschwinglich. Als
erstes für Wissenschaftler außerhalb der Rüstungsforschung,
dann für Großunternehmen, schließlich auch für kleinere
Firmen und endlich für normale Bürger.
... Während der Zeiten, als sich das Netz ausdehnte, wurde auf Druck
der Leute, die Zugang zum Netz forderten, die Definition dessen, was als
"akzeptierbare " anzusehen sei, erweitert ... Sie wurde ... auf
die natur- und geisteswissenschaftlichen Gemeinschaften ausgedehnt und
ist nun dabei, die Geschäftswelt mit einzubeziehen. Ob aber der nächste
und wichtigste Schritt getan wird, die Erweiterung auf ... alle Bürger,
bleibt die Frage. In der Mitte der neunziger Jahre stehen wir vor einem
Scheideweg: Wird der Expansionsprozeß über die Einbeziehung
der Geschäftswelt hinaus fortgesetzt, oder werden sie versuchen, alles
in die Hand zu bekommen?" (Rheingold 1996)
Wenngleich Computer- bzw. Netz-Nutzung in Deutschland nie so eng mit Rüstungsforschung verknüpft war wie in den USA, gelten die Aussagen von Rheingold auch hierzulande. Selbstverständlich haben manche "frühen" Netz- Entwicklungen in Europa erst bis zu zehn Jahre später ihre Implementierungen gefunden. Doch die Liberalisierung des Netz-Zuganges für alle Studierenden an der Humboldt-Universität ist noch keine fünf Jahre alt. Mußte bis vor wenigen Jahren noch ein "EDV- Beauftragter des Fachbereichs" einem EMail-Account zustimmen, ist heute ein UNIX-Account problemlos ohne spezielle Begründung direkt beim Rechenzentrum zu beantragen. Diese Entwicklungen zeigen im Hinblick auf das Alter von Homepage Autoren zweierlei:
Zusammenfassend bedeutet dies, daß die wenigen älteren Homepage Autoren entweder mit der Einführung des Webs Hompages anbieten und entsprechent gestaltet haben, oder aber erst seit ein, zwei Jahren und sich dann an den vielen Pages der "jungen Generation" orientierten. Etwas klischehaft, aber um so anschaulicher formulierte der Intendant der Deutschen Welle Dieter Weirich in einem Vortrag über Medien im Jahr 2000: "Im Internet gibt es eine Menge Blödsinn. Erst neulich fand ich darin eine Ansammlung von Fotos halbaufgegessener Plätzchen. Es stellt jedoch für die jüngere Generation eine phantastische Möglichkeit dar. Man sagt, daß Leute über 50 keinen Videorecorder programmieren können. Und daß die Leute über 40 Schwierigkeiten haben, ihre Stereoanlage einzurichten. Die Dreißigjährigen haben Probleme mit PCs. Nur Teenager wissen, wie man im sogenannten "World Wide Web" etwas findet." (Weirich 1996)
Welches die phantastischen Möglichkeiten des Webs für die jüngere Generation nun sind, läßt Weirich in seinem Vortrag offen. Die große Möglichkeit der Homepage für Jugendliche aber ist ohne Zweifel die der Selbstdarstellung, das sich ausprobieren, herausfinden "wie will ich von anderen gesehen werden, wer bin ich wirklich?" Junge Menschen haben einen besonderen Drang neue Ideen zu entwickeln bzw. andere zu verstehen und sich gegebenfalls zu eigen zu machen. Und keine Altersgruppe sonst hat so viel Enthusiasmus, ja sogar das Bedürfniss verinnerlichte Gedanken, Ideen oder Vorstellungen ihrer Umwelt mitzuteilen, gar sie davon zu überzeugen. Daß sich diese Ideen oder Vorstellung u. U. schnell ändern können tut dem Mitteilungsdrang Jugendlicher im Allgemeinen keinen Abbruch. Gemachte Erfahrungen wollen von Jugendlichen ebenso mittgeteilt und ausgetauscht werden. Der Drang und die Unbefangenheit an eine Öffentlichkeit zu treten läßt mit steigendem Alter nach, es sei denn dieses Verhalten wird als "jung-dynamisches" Lebensstil-Element übernommen. (vgl. Pantle: Jugendlichkeit als Lebensstil) Im Gegensatz hierzu seien nochmals die Homepages von Mitarbeitern bzw. Mitarbeiterinnen der Uni erwähnt, welche von einem Dritten für die entsprechenden Personeen erstellt wurden. Andere Homepages sind zwar selber, aber nicht aus eigenem Antrieb heraus erstellt worden (s. Antwort-Mail 18). Und wieder andere haben ihres Erachtens einfach "wichtigeres zu tun" (s. Antwort-Mail 8).
Diese Arbeit ist ein kleiner Beitrag zum Themenkomplex Internet-Kultur.
Eine systematische Untersuchung auch nur der deutschsprachigen Homepages
scheint angesichts der großen Anzahl unmöglich. Auch eine allumfassende
sozialwissenschaftliche Untersuchung der in dieser Arbeit erwähnten
Pages konnte nicht durchgeführt werden. Allein wurde versucht, Homepages
nach Netzzugang, Geschlecht und Alter zu unterscheiden.
Eine Unterscheidung der Pages nach Netzzugang des Autors erweist sich als
schwierig, weil ein Provider so viele verschiedene Nutzer "betreut",
daß hier nur sehr allgemeine Aussagen gemacht werden können.
Beispielsweise fanden sich die Seiten der stark vernetzten Frauen bei Compuserve.
Diese Seiten entsprachen überhaupt nicht einer einfachen "Homepage-Wizard"-Seite,
weisen sie doch eine wohlüberlegte Struktur und Kommunikationsangebote
auf.
Das Kennenlernen und Anwenden des Mediums und seiner Sprache (HTML) scheint mit der erste Grund zur Erstellung einer eigenen Homepage zu sein. Die phantastische Fähigkeit, die Seiten-Inhalte weltweit abrufbar gemacht zu haben, mag ein weiterer oder auch der Hauptgrund zur Publikation eigener Seiten im Web sein.
Wenngleich des öfteren die allzu berechtigte Frage gestellt wird,
wer die vielen privaten Homepages denn alle ansehen wolle, sind doch sie
die einzigen "eins zu eins" Angebote im Web. Im Gegensatz hierzu
bietet schon ein Instituts-Server, fast so wie ein TV-Sender, die multi-medial
herkömmliche "eins zu viele" Kommunikation.
Welche Seiten aber häufig frequentiert werden hängt im Web nicht
unbedingt davon ab, ob eine große finanzkräftige Organisation
hinter dem Angebot steht, sondern von der Kreativität des Autors und
der Bedeutung der von ihm ausgewählten und vorgestellten Themen bzw.
von ihrer Bearbeitung. Wenngleich Instituionen und Firmen für ihre
Web-Sites viel stärker werben können, werden private Homepages
mit wichtigen, aktuellen oder auch amüsanten Themen recht schnell
durch "Mundpropaganda" in der Netzwelt bekannt.
Beachtenswert sind oft die Seiten von "normalen" berufstätigen
Menschen, welche sich neben ihrer normalen Tätigkeit mit den Möglichkeiten
des Internets beschäftigt haben.
Für passionierte "Chatter"(Teilnehmer des IRC, Internet
Relay Chat) stellen private Homepages oft die einzige Möglichkeit
dar, ihre Gesprächspartner zu sehen.
Die WWW-Suchmaschinen können einen bestimmten Namen (Vor- und Zuname,
evtl. Ortsangabe) im Web viel schneller und zuverlässiger finden,
als dies zur Zeit mit irgenwelchen e-mail Adressverzeichnissen der Fall
ist. So kann der "Netzbürger", zu dem man den Kontakt verloren
hat, viel leichter wiedergefunden werden, wenn dieser eine Homepage hat.
Das Internet bzw. Web wächst und wächst und das Internet NG
(Next-Generation) wird schon länger diskutiert. Offen bleibt in diesem
Zusammenhang auch die zukünftige Bedeutung der privaten Homepages.
In einem Internet ähnlich wie dem Time-Warner Full-Service Network
oder dem Digital-Fernsehen mit der "Set-Top-Box" wird es für
private Homepages keinen Platz mehr geben. Es wird große Konsortien
als Anbieter geben und den "kleinen Mann" Zuhause im Wohnzimmer
als Konsument.
"Es gibt eine Alternative zu dieser Vision. Ein Information Highway
könnte allen geöffnet sein, gerade auch für kleine Unternehmen
und Individuen, die Informationen anbieten wollen. Er könnte hauptsächlich
pull-orientiert statt push-orientiert sein. Er könnte andere Austauschformen
als nur den von Konsumartikeln unterstützen. Er könnte öffentliche
Leistungen genauso unterstützen wie private. Er könnte uns erlauben,
unsere Privatheit zu behalten, wenn wir es wünschen. Er könnte
die Kommunikation in der Nachbarschaft vergrößern. Er könnte
uns verbinden, statt uns als Marketing-Ziel sehen. Kurz, er könnte
mehr wie das Seattle Gemeinde Netzwerk sein oder das französische
Minitel System und weniger wie das Time-Warner Full-Service Network."
(Johnson 1996)
In einem solch pull-orientierten Internet-Next-Generation hätte die
private Homepage durchaus seine Berechtigung. Sie wäre für den
demokratischen "Netz-Bürger" geradezu unerlässlich.
Die Ersteller von interessanten Homepages wurden vom Autor per e-mail nach den Gründen bzw. Motivation dr Erstellung ihrer Homepage befragt. Manche e-mails gingen auch nach dem "posten" der Datei frage.html ein.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit befinden sich die "Antwort-Mails" auf einer gesonderten Seite.